Freitag, 28. Dezember 2012

Maurice Ravel - 75. Todestag

Kurz vor Jahresschluss gibt es heute noch einen weiteren prominenten “Jubilar“ des Jahres 2012, dessen man heute besonders gedenken kann, wenn man mag:

Heute vor genau 75 Jahren verstarb der französische Komponist Maurice Ravel nach längerer Krankheit (unmittelbar jedoch an den Folgen einer Schädeloperation) im Alter von 62 Jahren.

Der 1875 geborene Sohn eines Schweizers und einer französischen Baskin hat ein vielgestaltiges Werk hinterlassen, das sowohl Orchesterwerke, wie Klavier-, Vokal- und Kammermusik aber auch Bühnenwerke (Ballett und 2 kürzere Opern) umfasst.

Im Gegensatz zu seinem Landsmann Claude Debussy, zu dem er ein durchaus freundschaftliches, aber nicht immer ganz ungetrübtes Verhältnis hatte, sah er sich selber als Klassizisten, der althergebrachte musikalische Formen gern mit seinen neuartigen Rhythmen (die in seinem Spätwerk dann auch mal vom damals über Europa kommenden Jazz beeinflusst wurden) und modernen Harmonien anreicherte und der hiermit gern unerwartete und überraschende Effekte erzielte, die allerdings nicht immer bei seinem damaligen, eher konservativen Publikum ankamen. Wie so oft, haben erst nachfolgende Generationen seine Musik vollends zu schätzen gewusst.

Interessant ist, dass auch Ravel eine Faszination für (ein allerdings eher idealisiertes) Spanien und dessen musikalisches Kolorit hatte – gerade (aber natürlich nicht nur) französische Komponisten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts scheinen von Spanien geradezu magisch angezogen worden zu sein, da gäbe es zahlreiche weitere Beispiele unter anderem von Emmanuel Chabrier (1841-94) oder Georges Bizet (1838-75), dessen 1875 uraufgeführte Oper Carmen ja weltweit quasi als die Spanien-Oper überhaupt gilt, obwohl sie von einem Franzosen komponiert wurde…

Und so überrascht es nicht, dass auch – neben einigen anderen spanisch-kolorierten Werken – der 1928 entstandene Boléro (bis heute mit Abstand Ravels bekannteste Komposition) einen Tanz von der iberischen Halbinsel mit markantem Rhythmus zum Thema hat…

Dieses Werk, das von Anfang an ein großer Erfolg war (eine Tatsache, die Maurice Ravel im Verlauf seiner künstlerischen Laufbahn wahrlich nicht oft erleben durfte), betrachtete der Komponist eigentlich als gar nichts Besonderes, er äußerte gar, dass der Boléro eigentlich gar keine Musik enthalte, was sich wohl darauf bezieht, dass in diesem gut viertelstündigen Orchesterstück ein und dieselbe Melodie ständig wiederholt wird und sich dabei lediglich die Instrumentierung und die Lautstärke ändert, mit der diese Bolero-Melodie vorgetragen wird.
Aber dieses „lediglich“ ist eigentlich schon eine Anmaßung, denn das Stück ist ein Meisterwerk der Instrumentierungskunst, das zeigt, was für ein begnadeter Klangzauberer Ravel war, der dem Instrument „Orchester“ die raffiniertesten Klangfarben entlocken konnte!
Außerdem ist der Boléro auch ein Musterbeispiel für eine ausgesprochen gelungene und effektive Spannungssteigerung über einen längeren Zeitraum hinweg:
Während des Anhörens dieses Stückes empfindet man als Zuhörer keinen Moment der der Langeweile – im Gegenteil:
Man wird unweigerlich in den unwiderstehlichen Sog dieser Melodie und dieses einprägsamen Rhythmus hineingezogen, der immer mächtiger und dominanter wird. Ich kenne niemanden, der sich der Wirkung dieses Werkes entziehen könnte!
Die große Begeisterung, die gerade der Boléro beim Publikum ausgelöst hat, ist vielleicht symptomatisch für das von Maschinen und Industrie geprägte 20. Jahrhundert, das musikalisch definitiv ein ausgesprochen rhythmusdominiertes geworden ist – ich sehe da durchaus eine gewisse Wechselwirkung zwischen Musik und Technik.

Ravels Instrumentierungskunst hat übrigens auch den eigentlich als Klavierzyklus komponierten Bildern einer Ausstellung des früh verstorbenen Russen Modest Mussorgski (1839-81) endgültig zum Durchbruch verholfen – in seiner raffinierten Orchesterversion aus dem Jahr 1922 erklingt diese Komposition seither in den meisten Fällen.

Neben anderen Orchesterwerken wie der 1908 uraufgeführten Rhapsodie espagnole oder La Valse (1920) und den beiden Klavierkonzerten (entstanden in den Jahren 1929 bis 1931) hat es mir vor allem die Klaviermusik Ravels angetan – gerade auch im Vergleich (oder als Ergänzung) zu der von Debussy. In dem Zusammenhang sollte auch erwähnt werden, dass Ravel seinen Zeitgenossen Erik Satie und dessen zukunftsweisende, oft nüchtern und auch skurril anmutende Kompositionen bewunderte.

Ach ja – die witzige Oper L’Enfant et les Sortilèges („Das Kind und der Zauberspuk“), die 1925 in Monte Carlo uraufgeführt wurde, ist unbedingt auch noch erwähnenswert!

Auch wenn Maurice Ravel also das Schicksal vieler Komponisten teilt, die nur für ein (und nicht einmal unbedingt ihr bestes) Werk Berühmtheit erlangt haben, gibt es auch bei ihm eine Menge interessanter Musik zu entdecken, die am Beginn der Moderne steht und viele Einflüsse und Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts aufnimmt, auf eigene Art reflektiert und verarbeitet und ihren ganz eigenen Weg in die Zukunft weist!

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