Donnerstag, 20. Dezember 2012

Neuerwerbung

In der diesjährigen Adventszeit bin ich zu meinem großen Verdruss gar nicht dazu gekommen, hier im Blog - wie schon in den Vorjahren - ein paar weitere musikalische Weihnachtstipps vorzustellen.
Ich weiß auch nicht, was in diesem Jahr los war - beruflicher Vorweihnachtsstress in Reinform! Warum muss partout alles noch im alten Jahr passieren? Und warum fällt das den meisten Leuten anscheinend immer erst Anfang (oder besser noch Mitte) Dezember ein? So ein Jahresende kommt ja auch immer so völlig unerwartet…!

Naja – was nützt es, zu klagen? Eben!
Immerhin möchte ich noch die Gelegenheit nutzen, meine persönliche Weihnachtsplatte des Jahres 2012 vorzustellen:

In diesem Herbst bei der Deutschen Grammophon neu erschienen – das Album Weihnachtslieder, eine an nur zwei Novembertagen des Jahres 1970 entstandene Zusammenstellung selten zu hörender Weihnachtslieder aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, die der legendäre, in diesem Jahr leider verstorbene Bariton Dietrich Fischer-Dieskau zusammen mit seinem langjährigen Klavierbegleiter Jörg Demus aufgenommen hat.

Eine schöne Idee der Deutschen Grammophon, quasi als Hommage an den großen Liedsänger Fischer-Dieskau, der dem Label über viele Jahre fest verbunden war, dieses Weihnachtsalbum, das 1972 erstmalig als LP erschienen war, nun im nostalgischen Design (und mit dem auch auf dem Original-Cover abgebildeten Wintergemälde von Breughel) erstmals mit allen seinerzeit eingespielten Titeln auch auf CD zu veröffentlichen.

Dass Dietrich Fischer-Dieskau zu meinen absoluten Lieblingssängern gehört, habe ich andernorts wohl schon mehrfach erwähnt. Diese Weihnachtsliedersammlung besticht nicht nur durch ihren großen Repertoirewert (bis auf das Cantique de Noël des Franzosen Adolphe Adam kannte ich zuvor keinen einzigen der übrigen 13 Titel!), sondern eben auch durch Fischer-Dieskaus großes Talent, den von ihm gesungenen Text so unglaublich plastisch, verständlich und eindringlich rüberzubringen und dabei seine prägnante Stimme gleichzeitig immer gesanglich angenehm und nie aufdringlich oder forciert einzusetzen – das wird in dieser Einspielung noch einmal ganz besonders deutlich. Der ganze, knapp 50-minütige Vortrag klingt so wunderbar selbstverständlich und natürlich und ist doch ganz große Gesangskunst!

Und auch wenn ich mit Sicherheit eine Weihnachtslieder-Sammlung erstanden hätte, auf der Dietrich Fischer-Dieskau „nur“ altbekannte, -zig mal schon zuvor (und natürlich auch danach) eingespielte Weihnachtslieder zum Besten gegeben hätte, so ist doch die Freude umso größer, dass man mit dieser Aufnahme zugleich auch noch eine ganze Reihe selten (oder nie) zu hörender Kunstlieder auf weihnachtliche Texte präsentiert bekommt, von deren Existenz man bislang gar nichts geahnt hat…

Wie bereits erwähnt: Das bekannteste Stück dieser Aufnahme ist wohl das 1847 entstandene französischsprachige Cantique de Noël von Adolphe Adam (1803-56), das dem Publikum heutzutage – wenn überhaupt - eher mit dem englischen Text "O Holy Night" geläufig sein dürfte und gern im bombastisch-pathetischen Orchestersound daherkommt. Laut Booklet soll es sich bei der auf dieser CD enthaltenen Einspielung um die Originalversion für Gesangsstimme und Klavierbegleitung handeln, wobei ich mich schon frage, warum dann in der Tracklist unter dem Titel “arr. Hans Schmidt“ steht…?
Auf der ursprünglichen LP von 1972 war dieses Lied übrigens nicht vertreten - vermutlich, weil es sich hierbei um den einzigen nicht-deutschsprachigen Titel des ganzen Programms handelt?!? Schön, dass man ihm nun für diese Neu-Edition den ihm gebührenden Platz eingeräumt hat!

Weitere vertretene Komponisten sind unter anderem Carl Loewe (1796-1869), Engelbert Humperdinck (1854-1921), Peter Cornelius (1824-74), Carl Reinecke (1824-1910) oder Max Reger (1873-1916) - also quasi ein „Who-is-who“ deutschsprachiger Komponisten der Romantik (deren Musik gleichwohl heutzutage nicht unbedingt häufig gespielt wird…), ergänzt um einige Namen, die mir bislang auch nichts (oder zumindest nicht viel) sagten, wie z. B. Friedrich Mergner (1818-91) oder Armin Knab (1881-1951).

Besonders interessant finde ich die Weihnachtskantilene (mit 17 Minuten Dauer zugleich auch das längste Stück dieser Einspielung!) von Hermann Reutter (1900-85) (womit wir dann sogar noch bei zeitgenössischen Komponisten angekommen wären), der 1952 einen Text von Matthias Claudius (1740-1815) vertonte und dabei mehrere deklamatorisch-rezitativische und eher gesangsbetonte Abschnitte zu einem ausdrucksvollen gesungenen Vortrag der Weihnachtsgeschichte verband, wobei das begleitende Klavier auch noch immer wieder Zitate bekannter Weihnachtslieder beisteuert – das Stück ist für mich eine echte Entdeckung!

Und so komme ich dann wenigstens beim Anhören dieses alternativen Weihnachtsprogramms – neben meinen persönlichen, alljährlich erklingenden Klassikern wie den barocken Weihnachtskonzerten oder dem Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns, doch noch dazu, mich wenigstens ein bisschen vom Vorweihnachtsstress zu erholen…

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