Mittwoch, 30. Januar 2013

Francis Poulenc - 50. Todestag

Heute vor genau 50 Jahren verstarb in Paris im Alter von 64 Jahren der französische Komponist Francis Poulenc (er war dort am 7. Januar 1899 als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren worden).

Poulenc ist ein Komponist, der – obwohl er vielen musikalischen Strömungen seiner Zeit gegenüber sehr aufgeschlossen war und auch einiges davon seine Werke hat einfließen lassen – doch seinen ganz eigenen, charakteristischen Tonfall gefunden hat, der geprägt ist von einem klaren, transparenten Klangbild sowie einer betont melodiösen Stimmführung und auch vor der Verwendung eingängiger Rhythmen nicht zurückschreckt.

Zu Beginn seiner Karriere wurde er unter anderem von Künstlern wie Erik Satie oder Igor Strawinsky (1882-1971) geprägt – es war auch die Zeit des Neoklassizismus, eine Stilrichtung, die eine an vorromantischen, klassischen Klangidealen orientierte Einfachheit und Transparenz sowohl in der musikalischen Textur wie auch in den verwendeten musikalischen Themen und Motiven propagierte und sich damit von der in jeder Hinsicht üppig-überbordenden Musik der (Spät-)Romantik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts distanzierte. Es überrascht daher nicht, dass Poulenc zeitlebens ein großer Bewunderer der Musik Mozarts war, von der er sich immer wieder inspirieren ließ.

Neben seinem Interesse an den Werken zeitgenössischer französischer Dichter wie Guillaume Apollinaire (1880-1918) oder Paul Éluard (1895-1952) (von denen er dann auch zahlreiche Texte vertonte) fasziniert an Poulenc vor allem dessen Changieren zwischen weltlichem (man denke nur an das Pariser Nachtleben der 1920er Jahre!) und geistlichem Milieu. Überspitzt formuliert kann man sagen, dass sich sein Leben und Wirken zwischen den Polen „Kokotten und Klosternonnen“ abspielte – beiden war er mit aufrichtiger Leidenschaft und Faszination zugetan, allerdings wohl eher selten gleichzeitig…

Ab der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wendete er sich dem Katholizismus zu und komponierte in der Folge eine Reihe tiefempfundener (gleichwohl origineller und für ihn typischer) geistlicher Werke, die ohne Zweifel zu den schönsten und meistgespielten kirchenmusikalischen Werken des 20. Jahrhunderts gehören, darunter das Stabat mater (1950), die Messe G-Dur (1937), das 1961 uraufgeführte (und 1959 entstandene) Gloria oder die wunderschönen Quatre motets pour le temps de Noël (Vier Motetten für die Weihnachtszeit) von 1952, von denen die erste, das geheimnisvoll-wehmütige O magnum mysterium zu meinen liebsten Chorsätzen überhaupt gehört!

Das aus sechs Sätzen bestehende Gloria habe ich im Chor bereits mehrfach im Konzert singen dürfen – es ist mir im Rahmen eingehender Probenarbeit sehr ans Herz gewachsen und gehört daher ebenfalls zu meinen Lieblingswerken von Francis Poulenc:
Dieses Werk ist ein gutes Beispiel für die charakteristische Mischung weltlicher Lebensfreude und tiefempfundener Religiosität dieses Komponisten:
Es besteht aus rhythmisch teilweise unerwartet modern und tänzerisch klingenden Abschnitten – das einleitende Gloria in excelsis deo und vor allem der zweite Satz, das Laudamus te (das in dieser musikalischen Form seinerzeit sicher nicht unbedingt auf einhellige Begeisterung bei der Kirche stieß…) – und hierzu kontrastierenden, sehr meditativ-innigen Sätzen (hier vor allem das wunderschöne Domine Deus, Agnus Dei!), in denen ein Solosopran zu Chor und Orchester hinzukommt!
Ein tolles Werk, das, was die Einbeziehung der rhythmusbetonten Elemente anbetrifft, seiner Zeit durchaus voraus war – ein paar Jahre später öffnete sich die Kirchenmusik modernen musikalischen Einflüssen ja dann auch viel bereitwilliger, als es zur Zeit der Entstehung des Gloria von Poulenc noch der Fall gewesen sein dürfte!

Die von Poulenc komponierten insgesamt vier Konzerte gefallen mir auch sehr gut: Es gibt je eines für Orgel (mit Streichern und Pauke), für Klavier, für zwei Klaviere und eines für Cembalo (mit dem Titel Concert champêtre), das Poulenc 1927-28 für die polnische Pionierin des modernen Cembalospiels, Wanda Landowska (1879-1959) geschrieben hatte und das seinen neoklassizistischen Ambitionen wohl sehr entgegengekommen sein dürfte. Allein die Tatsache, dass zu jener Zeit das Cembalo als ein ernstzunehmendes Instrument (und nicht nur als bloßer Vorläufer des modernen Pianofortes) wiederentdeckt wurde, zeigt schon, wie sehr sich der „musikalische Wind“ wieder einmal gedreht hatte…

Poulenc war in vielen Bereichen kompositorisch tätig – neben seiner weltlichen und geistlichen Chormusik, seinen Liedern und Orchesterwerken, sollte seine vielfältige Kammermusik (er schrieb für die unterschiedlichsten Besetzungen, hegte als Pianist neben dem Klavier aber auch eine besondere Vorliebe für Holzblasinstrumente wie Flöte, Oboe und Klarinette) nicht unerwähnt bleiben.

Seine zumindest hierzulande nicht so besonders häufig gespielten Bühnenwerke sind ebenfalls einer Entdeckung wert – neben der grotesk-komischen, mit traditionellen Geschlechterrollen kokettierenden Oper Les mamelles de Tirésias (Die Brüste des Thiresias) aus dem Jahr 1947 meine ich vor allem die 1957 entstandene Oper Dialogues des Carmélites (Gespräche der Karmeliterinnen), einer spannend gestalteten Klostergeschichte aus der Zeit der Französischen Revolution.

Vor ca. 6 oder 7 Jahren war diese wohl bekannteste Oper Poulencs auch bei uns in Köln zu erleben – und hat mich seinerzeit sehr beeindruckt, vor allem das musikalisch eindringlich gestaltete Finale, wenn eine Nonne nach der anderen zum Schafott schreitet und dort dann hingerichtet wird.

Auch im Bereich „Klassik für Kinder“ hat Poulenc mit seiner musikalischen Umsetzung der Histoire du Babar (Die Geschichte von Babar, dem kleinen Elefanten), die er zu Beginn der 1940er Jahre nach dem bekannten Kinderbuch von Jean de Brunhoff (1899-1937) komponierte, einen Repertoireklassiker geschaffen, der zum Beispiel gerne mit Peter und der Wolf von Sergei Prokofjew (1891-1953) kombiniert wird.

Man kann, so glaube ich, sagen, dass Francis Poulenc den Anspruch an sich selbst hatte, sein Publikum stets niveauvoll, geistreich und mitunter auch tiefgründig unterhalten zu wollen und das ist ihm auf seine ganz eigene Art auch wirklich ausgesprochen gut gelungen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen