Montag, 19. August 2013

Oper Köln - Vorschau auf die Spielzeit 2013/14

Was kommt nun in der neuen Spielzeit 2013/14 an Neuinszenierungen und Wiederaufnahmen auf das Kölner Opernpublikum zu?

Mitte September geht es los mit der Wiederaufnahme von Puccinis Tosca in der Oper am Dom, die bereits in der Spielzeit 2011/2012 ihre Premiere hatte – Kritiken und Fotos der Inszenierung haben mich schon damals nicht besonders angesprochen, so dass ich (obwohl ich die Oper sehr mag) von einem Besuch einer dieser Vorstellungen weiterhin absehen werde.

Ende September/ Anfang Oktober erfolgt dann im Palladium mit Albans Bergs Oper Wozzeck eine weitere Wiederaufnahme einer älteren Inszenierung – da ich diese Oper in der Vergangenheit schon ein paar Mal gesehen habe und Zwölftonmusik nicht wirklich meine bevorzugte Stilrichtung ist (obwohl die Oper in Verbindung mit guten Darstellern und einer stringenten Inszenierung ihre Wirkung nicht verfehlt!), wird auch diese Produktion auf meinen Besuch verzichten müssen.

Erst in der zweiten Oktoberhälfte wird in der Oper am Dom dann mit Tschaikowskys Eugen Onegin die erste Neuinszenierung der Saison ihre Premiere erleben! Da diese Oper zu meinen absoluten Lieblingen zählt und ich diese schon seit Jahren nicht mehr auf der Bühne erleben konnte, werde ich hier wohl mal einen Besuch einplanen – auch wenn ich gerade bei Opern wie dieser, die mit einer komplexen psychologischen Handlung aufwarten, schon recht krude Inszenierungen ertragen musste, aber das Wagnis sollte es wert sein, wenn die musikalische Qualität denn stimmt (was ich doch sehr hoffen möchte)!

Ende Oktober/ Anfang November gibt es im Palladium dann die Wiederaufnahme von Händels Alcina - da war ich schon im letzten Sommer.

Ende November geht es dann weiter mit der Wiederaufnahme von Rigoletto in der Oper am Dom - die Produktion aus dem vorletzten Jahr (?) habe ich damals versäumt, eventuell wäre das eine Gelegenheit, sich das Spektakel mal anzuschauen, die Inszenierung von Katharina Thalbach soll dem Vernehmen ganz ordentlich (und vor allem ohne absurde Abwegigkeiten) gewesen sein.

Mitte Dezember gibt es im Palladium mit Musik, einem Werk des 30-jährigen Michael Langemann (ein Name, der mir leider gar nichts sagt) eine Uraufführung zu erleben. Spricht mich allerdings spontan nicht so besonders an.

Parallel dazu (und passend zur Vorweihnachtszeit) findet in der Oper am Dom ab Mitte Dezember die Wiederaufnahme von Humperdincks Hänsel und Gretel statt. Die ungefähr 10 Jahre (?) alte Inszenierung habe ich allerdings vor einiger Zeit schon gesehen – abgesehen von einigen seltsamen Regie-Einfällen (Knusperhexe und Mutter sind unverkennbar ein und dieselbe Person) ist das Ganze aber ein schönes Theatererlebnis mit vielen schönen Ideen für die ganze Familie.

Mindestens genauso originell wie die Idee, den Humperdinck-Klassiker zur Vorweihnachtszeit zu geben, ist wohl die Tatsache, dass man um den Jahreswechsel herum vier (lediglich!) konzertante Vorstellungen von Johann Strauß‘ Operetten-Dauerbrenner Die Fledermaus in der Oper am Dom auf den Spielplan gesetzt hat! Die beiden Stücke gibt es in dieser Kombination im Zeitraum Dezember/ Januar ja sonst nirgends zu erleben *seufz*…
Immerhin wartet man mit einer gerade für Kölner Verhältnisse ungewohnt prominenten Besetzung auf, darunter Bo Skovhus als Eisenstein, Simone Kermes als Rosalinde oder Vesselina Kasarova als Orlofsky!

In dieser an Wiederaufnahmen nicht gerade armen Saison geht es dann Mitte Januar 2014 weiter mit einigen weiteren Vorstellungen von La forza del destino in der Oper am Dom.

Während in der Oper am Dom der komplette Februar sowie die ersten Märztage (die Karnevalssaison 2014 ist lang!) traditionell vom Divertissementchen der Cäcilia Wolkenburg (Kölner Männergesangverein) belegt sind, erfolgt dort Mitte März schon wieder eine Wiederaufnahme: Diesmal ist es die Inszenierung von Camille Saint-Saëns berühmtester Oper Samson et Dalila, die bei ihrer Premiere vor ca. 5 oder 6 Jahren skandalträchtig für Schlagzeilen sorgte und mich vom Theaterbesuch abhielt, obwohl ich die Musik von Camille Saint-Saëns sehr schätze und mir damit die seltene Gelegenheit entgehen ließ, einmal eine seiner Opern live auf der Bühne zu sehen.
Mal schauen – vielleicht ergreife ich im März die Gelegenheit und schau mir das Ganze dann doch mal an, immerhin gibt es dort dann die famose Mezzosopranistin Vesselina Kasarova in der Rolle der Dalila zu erleben!

Premieren sind in der kommenden Spielzeit merkwürdig uneinheitlich verteilt: Gab es bislang fast nur Wiederaufnahmen, so sind die letzten vier Produktionen der Saison 2013/14 allesamt Neuproduktionen! Das verstehe wer will…
In der Trinitatiskirche, wo bereits mit großem Erfolg Benjamin Brittens Oper The turn of the screw inszeniert worden war, hat in der zweiten Märzhälfte Wolfgang Rihms 1977/78 entstandene Kammeroper Jakob Lenz Premiere (das Werk wurde bislang noch nie an der Oper Köln gegeben) – es steht zu hoffen, dass man die Tatsache, nochmals an diesen stimmungsvollen Ort zurückkehren zu können, auch entsprechend für eine packende Inszenierung nutzt.

Mitte April folgt dann in der Oper am Dom mit Webers Freischütz eine weitere Neuinszenierung. Die Oper stand schon länger nicht mehr auf dem Kölner Spielplan, allerdings bin ich mir im Moment noch nicht sicher, ob ich mir eine Vorstellung ansehen werde, so sehr ich die Musik dieses Meisterwerks der Romantik auch mag – ich habe gerade von dieser Oper schon so viele völlig abgedrehte und sinnentleerte Inszenierungen gesehen (sowohl im Theater wie im TV), dass ich eigentlich keine Lust habe, mich ein weiteres Mal darüber zu ärgern, dass Regisseure offenbar gerade bei diesem Stück partout keine spannende Geister- und Liebesgeschichte erzählen wollen (was spricht da eigentlich gegen??), sondern aus ihrer Inszenierung viel lieber einen kruden psychologischen, dekonstruierenden und bewusst sämtliche Traditionen brechenden Trip („Biedermeier ist bah!“) machen! Und das muss ich mir nicht antun. Hier werde ich wohl mal die Berichte und Rezensionen der Premiere abwarten, bevor ich mich entscheide.

Viel gespannter bin ich hingegen auf die in der Oper am Dom Mitte Mai angesetzte Neuinszenierung von Verdis Otello mit José Cura in der Titelrolle und Anne Schwanewilms als Desdemona! Diese aufgrund ihrer extrem hohen Anforderungen vor allem an die Titelrolle viel zu selten aufgeführte Oper (gerade hier in Köln muss das schon Jahrzehnte her sein, dass der Otello zuletzt auf dem Spielplan stand) könnte ein echtes Highlight werden!

Und dann erlebt schließlich mit Donizettis L’elisir d‘amore in der zweiten Junihälfte ein weiterer Klassiker der italienischen Oper (und eine meine absoluten Lieblingsopern) in der Oper am Dom seine Premiere! Bei diesem Werk ist es noch nicht so lange her, dass es die letzte Kölner Inszenierung gab – schätzungsweise 9 oder 10 Jahre, würde ich sagen. Da bin ich mal gespannt, was man sich hier ausdenken wird.

Alles in allem stellt die kommende Saison eine meiner Meinung nach etwas unausgeglichene Mischung von (vielen) Wiederaufnahmen und einigen Premieren dar, wobei – vielleicht mal vom Otello abgesehen – mich irgendwie nichts wirklich neugierig und gespannt macht, dazu sind einfach zu viele Stücke angesetzt, die man schon so oft gesehen und gehört hat – leider!

Ich vermisse allerdings schmerzlich die Neuproduktion wenigstens einer Barockoper und die Fortführung der Musical- und Operettenklassiker-Reihe der letzten Jahre; vielleicht auch mal wieder etwas von Gluck (300. Geburtstag in 2014!), Rossini, Lortzing, Gounod oder Richard Strauss.
Immerhin: Nach dem „Mozart-Rausch“ der Spielzeit 2012/13 ist für den Salzburger Meister in der kommenden Saison zur Abwechslung mal Komplettpause angesagt!

Erwähnenswert unter den geplanten Sonderveranstaltungen ist neben einigen Liederabenden und Tanzgastspielen vor allem die wegen des großen Erfolgs nochmals angesetzte (konzertante) Aufführung von Leonardo Vincis Artaserse am 9. März 2014 in der Oper am Dom – dann allerdings ohne Publikumsliebling Philippe Jaroussky in der Titelrolle (die vom mir bislang unbekannten Vince Yi übernommen werden wird), die Countertenöre Franco Fagioli, Valer Barna-Sabadus und Max Emanuel Cencic werden dann aber erneut wieder mit am Start sein, letzterer übrigens auch in einer weiteren konzertanten Barockopernaufführung an selber Stelle: Am 4. Mai gibt es Händels selten gespielte (aber unbedingt hörenswerte) Oper Tamerlano zu erleben!

Für welche dieser Vorstellungen ich mich am Ende auch immer entscheiden werde: Hier wird darüber dann wie gewohnt getreulich Bericht erstattet werden. ;-)

Sonntag, 18. August 2013

Oper Köln - Rückblick auf die Spielzeit 2012/13

Der August ist in diesem Jahr in NRW ein kompletter Sommerferienmonat und bevor es in der ersten Septemberhälfte dann so allmählich wieder losgehen wird mit Schule und der neuen Konzert- und Theatersaison, scheint mir jetzt Mitte August ein guter Zeitpunkt zu sein, einen kurzen Blick zurück auf die vergangene Spielzeit 2012/13 wie auch – im in Kürze folgenden Beitrag - auf die Ankündigungen für die anstehende Spielzeit 2013/14 der Kölner Oper zu werfen.

Die im Juli beendete Spielzeit 2012/13 war zugleich die erste unter der Leitung der neuen Kölner Opernintendantin Birgit Meyer und im Gegensatz zu ihrem im letzten Sommer mit großem Tamtam vorzeitig aus dem Amt geschiedenen Vorgänger Uwe Eric Laufenberg, von dem man während seiner insgesamt leider nur dreijährigen Amtszeit auch während des laufenden Spielzeitbetriebs immer wieder mal etwas vernommen hatte (was aber sicher auch daran lag, dass er – im Gegensatz zu seiner Amtsnachfolgerin - regelmäßig selber Neuinszenierungen produzierte), habe zumindest ich von der neuen Intendantin seit ihrer offiziellen Amtseinführung am 31. August 2012 nicht mehr wirklich viel gehört (und ich verfolge die Presseberichte über die Kölner Kulturszene schon recht aufmerksam).

Damit ist ihr zumindest gelungen, was sie vor einem Jahr anlässlich ihres Amtsantritts angekündigt hatte, nämlich die Kölner Oper wieder in ruhigeres Fahrwasser zurückzuführen, nachdem die Wogen im Frühsommer 2012 anlässlich der Personalie Laufenberg (aber auch der Sparbeschlüsse bzw. Finanzierungszusagen für die Oper seitens der Kölner Stadtverwaltung) doch recht hochgekocht waren. Im Kölner Opernbetrieb ist wieder Ruhe (und Routine?) eingekehrt, soweit man das unter den aktuellen Umständen sagen kann, denn schließlich läuft die extrem aufwändige Komplettsanierung des Opern- und des Schauspielhauses am Offenbachplatz derzeit auf Hochtouren und beide Häuser bespielen derzeit ausschließlich Ausweichspielstätten.
Im Rahmen der gelegentlichen Berichterstattung hierüber in der lokalen Presse oder im WDR-Fernsehen gab es dann hin und wieder die seltene Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, dass die neue Kölner Opernintendantin noch existiert – sie steht definitiv weniger im Rampenlicht der Öffentlichkeit als ihr Vorgänger und hat neben der Überwachung des Arbeitsfortschritts an der riesigen Baustelle (wo man dem Vernehmen nach derzeit tatsächlich weitgehend im Zeit- und Kostenplan liegt!!) ihre Aufgabe, den Opernspielbetrieb an derzeit zwei Ausweichspielstätten reibungslos im wahrsten Sinne des Wortes über die Bühne zu bringen, augenscheinlich routiniert umsetzen können, das muss man ihr lassen.

Dennoch hatte ich mich in Verlauf der letzten Jahre so sehr daran gewöhnt, dass der Intendant des Opernhauses regelmäßig in der Presse von sich reden machte, dass ich mich jetzt nur schwer wieder daran gewöhnen konnte, dass seine Nachfolgerin „nur“ ihre eigentliche Arbeit hinter den Kulissen versieht – da war eine etwas ungesunde Erwartungshaltung entstanden, an der man sie nicht messen sollte.

Trotzdem – bei mir war nach der vorzeitigen Entlassung von Herrn Laufenberg im Sommer 2012 eine gewisse Enttäuschung aufgekommen, die nicht zuletzt auch daraus herrührte, dass ich persönlich die 3 Spielzeiten unter seiner Intendanz als die bislang besten und abwechslungsreichsten Spielzeiten der Kölner Oper empfunden hatte, seit ich Vorstellungen dort besuche (und das ist immerhin seit Ende der 1990er Jahre der Fall!).

Die Tatsache, dass aufgrund des Rauswurfs (ich meine natürlich „der vorzeitigen Vertragsauflösung in beiderseitigem Einvernehmen“...) dieses so erfolgreichen Intendanten nun plötzlich Hals über Kopf Ersatz gefunden werden musste für die Inszenierungen, die der Hausherr eigentlich im Verlauf der Spielzeit 2012/13 selber auf die Bühne bringen wollte (was in der neu entstandenen Situation so nun natürlich nicht mehr möglich war), ließ bei mir zusätzlich ein Gefühl der Skepsis aufkommen – wer bekommt schon gerne etwas vorgesetzt, von dem er weiß, dass es eigentlich nur eine Art (womöglich in fliegender Eile und mit heißer Nadel zusammengestückelter) Ersatz für etwas ist, von dem man sich ursprünglich weit mehr versprochen hatte?
So geschehen beispielsweise bei der Neuinszenierung von Mozarts Figaros Hochzeit im Herbst 2012 – eine Produktion, die musikalisch zwar durchaus ansprechend war, inszenatorisch jedoch für meinen Geschmack eine Menge zu wünschen übrig ließ. Schade, dass man keine Gelegenheit bekam, hier einen Vergleich mit der ursprünglich vorgesehenen Neuinszenierung durch den zu diesem Zeitpunkt nicht mehr amtierenden ehemaligen Hausherrn der Kölner Oper zu ziehen…

Fairerweise muss man sagen, dass in den Jahren zuvor die Notwendigkeit der Wahl der zahlreichen, oft sehr ungewöhnlichen Ausweichspielstätten im Kölner Stadtgebiet, die allesamt für eine bis dahin nicht gekannte Kreativität von Operninszenierungen in Verbindung mit einem sehr großen Publikumszuspruch sorgten (ich erinnere nur an La clemenza di Tito im prunkvollen Treppenhaus der Oberlandesgerichts oder L’incoronazione di Poppea in der ehemaligen Konzernzentrale der Gerling-Versicherungen), vollständig in die Amtszeit von Herrn Laufenberg fiel und der derzeitigen Intendantin mittlerweile bis auf ganz wenige Ausnahmen „nur noch“ die beiden aktuell dauerhaft genutzten Spielstätten der Oper am Dom sowie des leider ziemlich abseits des Stadtzentrums gelegenen Palladium in Köln-Mülheim zur Verfügung stehen. Das mag für die Verantwortlichen in der Organisation des Spielbetriebs zwar bedeutend einfacher sein als der mehrfache Umzug des Spielbetriebs an völlig neue Orte – für das Publikum war diese Zeit jedoch ein echtes Highlight, die im Nachhinein die (kurze) Amtszeit des Intendanten Laufenberg in einem besonderen Licht erscheinen lässt.

Anders ausgedrückt: Bei mir herrschte zu Beginn der vergangenen Saison eine ziemliche Ernüchterung aufgrund der neu entstandenen Situation vor und das wirkte sich dann wohl auch darauf aus, dass ich letztlich nur einen Bruchteil der Neuinszenierungen der Spielzeit 2012/13 besucht habe, die ich im letzten Sommer noch vorgestellt hatte! Im Vergleich zu den Vorjahren war ich in den vergangenen Monaten wirklich selten in der Oper – davon bin ich einmal nach Düsseldorf „fremdgegangen“ (Händels Xerxes) und eine Produktion war ein Gastspiel (die mehr oder weniger konzertante Aufführung von Vincis Artaserse) in der Oper am Dom - bezeichnenderweise würde ich ausgerechnet diese beiden Vorstellungen als meine persönlichen Highlights der vergangenen Saison bezeichnen…
Neben dem schon erwähnten Figaro gehörten für mich sowohl La forza del destino wie auch Il trittico zu vor allem musikalisch weitgehend wirklich gelungenen Opernabenden (was ja eigentlich auch die Hauptsache ist!), während ich die Inszenierungen entweder als nichtssagend oder unverständlich-abgehoben abgehakt habe…

Ich gebe zu: Mich hat mehr als einmal auch die Tatsache davon abgehalten, eine Vorstellung zu besuchen, dass die betreffende Aufführung im Mülheimer Palladium stattfand! Ich war nun in der Vergangenheit mehrfach unter der Woche dort und vor allem der Heimweg nach der Vorstellung mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltete sich oft recht langwierig – die Spielstätte liegt einfach zu weit draußen an der Peripherie und wenn man am nächsten Tag wieder arbeiten gehen muss und beispielsweise nach Vorstellungsende gegen 22:30 Uhr dann noch bis zu einer Stunde (oder mehr) benötigt, um von dort mit Bus und Bahn wieder nach Hause in den Süden Kölns zu gelangen, dann ist das tatsächlich ein Grund, dass man sich überlegt, ob man sich das wirklich ein weiteres Mal antun will! Diesem Umstand fielen beispielsweise Besuche von Vorstellungen von Donizettis Anna Bolena, Franz Schrekers Die Gezeichneten oder Verdis Attila zum Opfer!
Auch wenn sich an der Situation mit diesen beiden Ausweichspielstätten derzeit nicht viel ändern wird – ich bin doch sehr froh, dass man mit der Oper am Dom eine zweite, deutlich zentraler gelegene Spielstätte gefunden hat, der ich künftig mit Sicherheit den Vorzug geben werde!

Mittwoch, 14. August 2013

Neuerwerbung

Sinfonische Musik aus dem deutschsprachigen Mitteleuropa muss im 19. Jahrhundert Komponisten anderer europäischer Länder – so könnte ich mir vorstellen – als eine in ihrer künstlerischen Qualität und Vielfalt quasi konkurrenzlos und geradezu übermächtig erscheinende Gattung erschienen sein.

So hatte jede Nation ihr musikalisches „Spezialgebiet“, das dann auch im Ausland entsprechend beliebt und begehrt war: Die Italiener – natürlich – die Oper (vorbei die Zeiten, wo in Italien auch noch maßstabsetzende Instrumentalmusik entstanden war, wie Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts, die Ausnahme Paganini bestätigt eigentlich nur die Regel…), die Franzosen beispielsweise die unvergleichlich elegante und virtuose, vom Klavier dominierte Salonmusik sowie die prunkvolle Grand Opéra und die unterhaltsame Opéra comique und aus Deutschland/ Österreich (mit allem, was damals so dazugehörte) kam eben (zumindest vor Wagner) vor allem Orchester- und Kammermusik aller Art.

Und noch heute dominieren Sinfonien und Konzerte von Komponisten wie Beethoven, Schubert, Mendelssohn, Schumann, Liszt, Brahms oder Bruckner (um nur schnell die bekanntesten Namen aus dem 19. Jahrhundert aufzuzählen) das Repertoire sämtlicher Sinfonieorchester weltweit.

Gut, das ist jetzt eine sehr zugespitzte und vereinfachte Darstellung, die wieder mal das praktische, für schnelle mentale Ordnung und Übersicht sorgende Schubladendenken fördert – aber wer assoziiert nicht direkt automatisch große Oper, wenn er an italienische Musik des 19. Jahrhunderts denkt?

Und genau deswegen finde ich es immer wieder ausgesprochen spannend und begrüßenswert, wenn man vorgeführt bekommt, dass das Ganze natürlich nicht so einfach und ausschließlich war, wie es auf den ersten Blick scheint!
Denn natürlich hat es auch im Italien des 19. Jahrhunderts - neben der zugegebenermaßen alle anderen Musikgattungen dominierenden Oper – auch Komponisten gegeben, die sich auf dem Gebiet der Kammermusik und eben auch der Sinfonik versucht haben. Dazu zählen im Übrigen auch alle bekannten „Opernheroen“ dieser Zeit: Auch von Rossini, Bellini, Donizetti, Mercadante oder Verdi (und vielen anderen) gibt es Kompositionen außerhalb des Opernsektors.
Gut, oft handelt es sich hierbei um Jugend- oder sonstige Gelegenheitswerke, keine Frage – trotzdem gibt es hier einiges an Schönem und Unerwartetem zu entdecken und es kann ja auch sehr aufschlussreich sein, einmal reine Instrumentalmusik z. B. von Rossini oder Donizetti zu hören.
Schade nur, dass diese Musik abseits der allseits ausgetretenen Pfade fast nie in Konzertprogrammen auftaucht – dadurch verstärkt sich der oben geschilderte Eindruck beim Musikfreund ja nur…

Umso schöner, dass hier wieder mal bei NAXOS eine Aufnahme mit einer echten Entdeckung erschienen ist, die eindrucksvoll belegt, dass auch im Italien des 19. Jahrhunderts wirklich hörenswerte sinfonische Musik entstanden ist:

Die Ende 2011 vom Orchestra Sinfonica di Roma unter der Leitung von Francesco La Vecchia eingespielte 1. Sinfonie in D-Dur op. 16 (uraufgeführt 1881) des mir zuvor auch völlig unbekannten Römers Giovanni Sgambati (1841-1914) ist ein wirklich überraschendes (und beim damaligen Publikum auch sehr beliebtes) Werk, das mit seiner klaren Tonsprache, die noch frei ist von den überbordenden Auswüchsen der zu dieser Zeit beginnenden Spätromantik, zugegebenermaßen seine Orientierung an deutschen Vorbildern nicht verleugnen kann (völlig ohne ging es zu der Zeit wahrscheinlich nicht…), aber dennoch ein eigenständiges, von italienischen Einflüssen inspiriertes Kunstwerk und keine bloße Nachahmung darstellt.

Wie so viele seiner komponierenden und lernwilligen Zeitgenossen (z. B. Edvard Grieg aus Norwegen oder Arthur Sullivan aus England) zog es den talentierten Pianisten Sgambati nach Deutschland, wo er die Vielfalt und den Reichtum der hier gepflegten Instrumentalmusik in sich aufnehmen und mit seiner eigenen Kunst verschmelzen konnte und wo er unter anderem mit Franz Liszt Freundschaft schloss und natürlich auch mit Wagners Musik in Kontakt kam (der wiederum den jüngeren Kollegen und dessen Kompositionen ebenfalls schätzte).
Vor allem beeinflusste ihn jedoch die Musik von Robert Schumann und Johannes Brahms – und ich finde, das hört man auch sehr deutlich, gerade in seiner 1. Sinfonie!

Zurück in Italien entwickelte Sgambati (und das scheint mir vor allem sein bleibender Verdienst!) eine unermüdliche Aktivität, um das dort im Vergleich zu Ländern wie England, Frankreich oder eben Deutschland nicht sehr entwickelte öffentliche Konzertwesen voranzutreiben.
So erklang beispielweise unter seiner Leitung im Jahr 1867 die erste Aufführung in Italien von Beethovens Dritter (!), 1870 folgte dann Beethovens Siebte, aber auch aktuelle Werke wie Liszts Dante Sinfonie machte er in seinem Heimatland bekannt.

Neben Klaviermusik und zahlreichen kammermusikalischen Werken komponierte er unter anderem zwei Sinfonien, ein Klavierkonzert, ein Requiem und ein Te Deum – immer im Geist deutscher Tradition in Verbindung mit italienischen Einflüssen. Bezeichnenderweise hat er nie eine Oper geschrieben…

Sgambati kann auf jeden Fall auch als Vorläufer und Wegbereiter für eine jüngere Generation italienischer Komponisten gelten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts – im Gegensatz zu ihm – dann auch wieder internationale Berühmtheit mit Orchestermusik à la italiana erlangten, allen voran natürlich Ottorino Respighi (1879-1936), Ferruccio Busoni (1866-1924) oder auch Alfredo Casella (1883-1947).

Sgambatis 1. Sinfonie folgt einem traditionellen Aufbau, ungewöhnlich ist hierbei allerdings der Serenata betitelte Satz, der zwischen dem Scherzo und dem Finalsatz eingeschoben wird: Ein von den Streichern dominiertes, mit ausdrucksvoller Melancholie angereichertes Stück, das mich spontan an Musik von Edvard Grieg erinnerte, z. B. an dessen Elegische Melodien.

Die CD wird komplettiert mit der Einspielung der 1866 entstandenen Ouvertüre zum Schauspiel Cola di Rienzo des Dichters Pietro Cossa (1830-81). Diese Ouvertüre ist damit zugleich Sgambatis früheste Komposition für Orchester. Richard Wagner hatte sich übrigens ebenfalls von der Figur des Cola di Rienzo zu seiner 1842 uraufgeführten Oper Rienzi, der letzte der Tribunen inspirieren lassen.

Dank des wie immer bei NAXOS sehr günstigen Preises für die CD kann man unbesorgt das „Wagnis“ eingehen, sich mit diesen unbekannten Werken eingehender zu beschäftigen – das war für mich mal wieder eines der im Lauf der Jahre nun schon zahlreich gewordenen „Aha-Erlebnisse“, die ich mit dem nach wie vor ausgesprochen entdeckungsfreudigen Label NAXOS machen konnte!

Der überzeugende, runde Klang des Orchesters sowie die wirklich exzellente Aufnahmequalität tun hier ein Übriges!
Man kann nur hoffen, dass es hier demnächst noch weitere Werke von Giovanni Sgambati zu entdecken gibt!